BVerfG, Beschluß vom 29. Juni 2016: Wahre Tatsachenbehauptungen über Vorgänge aus der Sozialsphäre sind auch auf Internet-Portalen grundsätzlich hinzunehmen Drucken
BVerfG, Beschluß vom 29. Juni 2016 - 1 BvR 3487/14: Wahre Tatsachenbehauptungen über Vorgänge aus der Sozialsphäre sind auch auf Internet-Portalen grundsätzlich hinzunehmen. Die Schwelle zur Persönlichkeitsrechtsverletzung wird bei der Mitteilung wahrer Tatsachen über die Sozialsphäre regelmäßig erst überschritten, wo sie einen Persönlichkeitsschaden befürchten läßt, der außer Verhältnis zu dem Interesse an der Verbreitung der Wahrheit steht. Die Nennung des Namens im Rahmen einer solchen der allgemeinen Öffentlichkeit zugänglichen Bewertung berührt zwar das Persönlichkeitsrecht des Klägers. Der Einbruch in die persönliche Sphäre darf hierbei aber nur nicht weiter gehen, als dies eine angemessene Befriedigung des Informationsinteresses erfordert. Die für den Genannten entstehenden Nachteile müssen im rechten Verhältnis zur Schwere des geschilderten Verhaltens oder der sonstigen Bedeutung für die Öffentlichkeit stehen.

Eine ausreichend schwere Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers zeigen die angegriffenen Entscheidungen des LG Hamburg und ds OLG Hamburg nicht auf und begründen nicht in tragfähiger Weise, daß der Kläger die unbestritten wahren Äußerungen ausnahmsweise nicht hinnehmen muß. Sie lassen nicht erkennen, daß dem Kläger ein unverhältnismäßiger Verlust an sozialer Achtung droht. Auch die namentliche Nennung des Klägers, der seine Firma unter diesem Namen führt, steht nicht außer Verhältnis zum geschilderten Verhalten. Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Gerichte hier ein öffentliches Informationsinteresse möglicher Kundinnen und Kunden des Klägers bejahen. Soweit das LG Hamburg und das OLG Hamburg darauf abstellen, daß sich der Beschwerdeführer erst drei Jahre nach dem Rechtsstreit äußert, führt dies nicht zu einem Überwiegen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers. Es würde den Beschwerdeführer unverhältnismäßig in seiner Meinungsfreiheit einschränken, wenn er nach einer solchen Zeitspanne von ihm erlebte unstreitig wahre Tatsachen nicht mehr äußern dürfte.

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Zitierung: BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 29. Juni 2016
- 1 BvR 3487/14 - Rn. (1-18), http://www.bverfg.de/e/rk20160629_1bvr348714.html

Siehe auch die Pressemitteilung Nr. 50/2016 vom 4. August 2016