Rs. C-170/02 Schlüsselverlag J. S. Moser GmbH, J. Wimmer Medien GmbH & Co. KG, Styria Medien AG, Zeitungs- und Verlags-Gesellschaft mbH, Eugen Ruß Vorarlberger Zeitungsverlag und Druckerei GmbH, „Die Presse“ Verlags-Gesellschaft mbH, und „Salzburger Nachrichten“ Verlags-Gesellschaft mbH & Co. KG / Kommission der Europäischen Gemeinschaften Wettbewerb 25. September 2003 „Rechtsmittel - Untätigkeitsklage - Wettbewerb - Beschwerde - Fusionskontrolle - Stellungnahme im Sinne von Artikel 232 EG - Unzulässigkeit„ (Sechste Kammer) Mit Rechtsmittelschrift, die am 7. Mai 2002 beim Gerichtshof eingegangen ist, haben die Schlüsselverlag J. S. Moser GmbH, J. Wimmer Medien GmbH & Co. KG, Styria Medien AG, Zeitungs- und Verlags- Gesellschaft mbh, Eugen Ruß Vorarlberger Zeitungsverlag und Druckerei GmbH, „Die Presse“ Verlagsgesellschaft mbH und „Salzburger Nachrichten“ Verlags-Gesellschaft mbH & Co. KG gemäß Artikel 49 der EG-Satzung des Gerichtshofes ein Rechtsmittel gegen den Beschluss des Gerichts erster Instanz vom 11. März 2002 in der Rechtssache T-3/02 (Schlüsselverlag J. S. Moser u. a./Kommission, im Folgenden: angefochtener Beschluss) eingelegt, mit dem das Gericht ihre Klage auf Feststellung der Untätigkeit der Kommission, soweit sie es rechtswidrig unterlassen haben soll, über die Vereinbarkeit eines Zusammenschlusses mit dem Gemeinsamen Markt zu entscheiden, als offensichtlich unzulässig abgewiesen hat. Das Rechtsmittel Die Rechtsmittelführerinnen beantragen, den angefochtenen Beschluss aufzuheben, festzustellen, dass die Kommission dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus dem EG-Vertrag verstoßen hat, dass sie keine Entscheidung über den streitigen Zusammenschluss getroffen hat, und der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Auf den Rechtsmittelgrund, dass das Gericht das Schreiben vom 7. November 2001 zu Unrecht als eine Stellungnahme, mit der die Untätigkeit beendet worden sei, angesehen habe, entgegnet die Kommission, dass sie in keiner Weise verpflichtet gewesen sei, in einem solchen Fall zu der Beschwerde der Rechtsmittelführerinnen förmlich Stellung zu nehmen, und dass ihr daher keine Untätigkeit angelastet werden könne. Diesem Vorbringen der Kommission kann nicht gefolgt werden. Zunächst kann die Kommission nicht davon absehen, die Beschwerden von Unternehmen zu berücksichtigen, die an einem Zusammenschluss von möglicherweise gemeinschaftsweiter Bedeutung nicht beteiligt sind. Sodann kann die Kommission nicht geltend machen, dass sie nicht verpflichtet sei, über ihre Zuständigkeit als Kontrollbehörde im Grundsatz zu entscheiden, obwohl sie nach Artikel 21 der Fusionskontrollverordnung vorbehaltlich der Nachprüfung durch den Gerichtshofausschließlich zuständig ist, die in dieser Verordnung vorgesehenen Entscheidungen zu erlassen. Schließlich ist es durch nichts gerechtfertigt, dass die Kommission sich in diesem Bereich der Verpflichtung entzieht, im Interesse einer ordnungsgemäßen Verwaltung eine sorgfältige und unparteiische Prüfung von Beschwerden vorzunehmen. Dass die Beschwerdeführer nach der Fusionskontrollverordnung nicht das Recht aufeine Untersuchung ihrer Beschwerden unter Bedingungen haben, die mit denen für Beschwerden, im Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln [81] und [82] des Vertrages vergleichbar sind, bedeutet nicht, dass die Kommission ihre Zuständigkeit nicht zu prüfen und die sich daraus ergebenden Schlussfolgerungen nicht zu ziehen brauchte. Es befreit die Kommission nicht von der Verpflichtung, eine Beschwerde, dass gerade diese Zuständigkeit missachtet worden sei, unter Angabe von Gründen zu beantworten. Somit ist das Vorbringen der Kommission, sie könne im vorliegenden Fall davon absehen, eine Stellungnahme abzugeben, und ihr könne daher keinesfalls Untätigkeit angelastet werden, nicht begründet. Dagegen macht die Kommission zu Recht geltend, dass die Aufforderung, tätig zu werden, die am 25. Mai 2001 an sie gerichtet wurde, verspätet gewesen sei. Der Gemeinschaftsgesetzgeber wollte die Zuständigkeit klar auf die nationalen und die Gemeinschaftsbehörden verteilen und vermeiden, dass mehrere Behörden über ein und denselben Zusammenschluss entscheiden. Weiter ergibt sich, dass er eine Kontrolle der Unternehmenszusammenschlüsse innerhalb von Fristen sicherstellen wollte, die sowohl mit den Erfordernissen einer ordnungsgemäßen Verwaltung als auch mit denen des Geschäftslebens vereinbar sind. Nach Auffassung des Gerichtshofes unterliegen Klagen der betroffenen Unternehmen, unabhängig davon, ob sie an dem Unternehmenszusammenschluss beteiligt sind oder nicht, gegen Entscheidungen der Kommission der allgemeinen Frist des Artikels 230 Absatz 5 EG und müssen daher innerhalb von zwei Monaten erhoben werden. Es widerspräche den Erfordernissen der Rechtssicherheit und der Kontinuität in der Tätigkeit der Gemeinschaft, die all diesen Bestimmungen zugrunde liegen, wenn die Kommission nach Artikel 232 Absatz 2 EG aufgefordert werden könnte, über die Vereinbarkeit eines Zusammenschlusses, der bei ihr nicht angemeldet wurde, nach Ablauf einer angemessenen Frist zu entscheiden. Unternehmen könnten die Kommission sonst veranlassen, eine von den zuständigen nationalen Behörden getroffene Entscheidung über einen Unternehmenszusammenschluss in Frage zu stellen, und zwar auch nach Erschöpfung der Rechtsbehelfe, die gegen diese Entscheidung in der Rechtsordnung des betreffenden Mitgliedstaats gegeben sind. Im vorliegenden Fall wurde der streitige Zusammenschluss am 5. September 2000 beim Oberlandesgericht Wien angemeldet, das ihn am 26. Januar 2001 genehmigte. Die Rechtsmittelführerinnen hatten während dieses Zeitraums jederzeit die Möglichkeit, die Kommission mit einem Antrag auf Prüfung, ob dieser Zusammenschluss gemeinschaftsweite Bedeutung hat, zu befassen. Als sie am 25. Mai 2001 eine Beschwerde bei der Kommission einreichten, waren seit der Entscheidung der nationalen Behörde, mit der die Verwirklichung des Zusammenschlusses genehmigt worden war, vier Monate verstrichen, ein Zeitraum, der mit dem vergleichbar ist, der der Kommission nach Artikel 10 Absatz 3 der Fusionskontrollverordnung für die Prüfung eines angemeldeten Zusammenschlusses gesetzt ist, wenn das hierfür vorgesehene förmliche Verfahren eingeleitet wurde. Daher konnte im vorliegenden Fall die Frist, nach deren Ablauf die Kommission mit einer Beschwerde befasst und sodann von den Rechtsmittelführerinnen zum Tätigwerden aufgefordert wurde, nicht als angemessen angesehen werden; sie konnten daher keine darauf gerichtete Untätigkeitsklage erheben. Der Gerichtshof hat für Recht erkannt und entschieden: - Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.
- Die Schlüsselverlag J. S. Moser GmbH, J. Wunmer Medien GmbH & Co. KG, Styria Medien AG, Zeitungs- und Verlags-Gesellschaft mbh, Eugen Ruß Vorarlberger Zeitungsverlag und Druckerei GmbH, „Die Presse“ Verlagsgesellschaft mbH und „Salzburger Nachrichten“ Verlags-Gesellschaft mbH & Co. KG tragen die Kosten des Verfahrens.
Generalanwalt L. A. Geelhoed hat seine Schlussanträge in der Sitzung der Sechsten Kammer vom 8. Mai 2003 vorgetragen. Er hat dem Gerichtshof vorgeschlagen, - das Rechtsmittel zurückzuweisen und
- den Rechtsmittelführerinnen die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Quelle: Tätigkeiten des Gerichtshofes und des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften (Bulletin der Abteilung Presse und Information des Gerichtshofes), Nr. 24/03, S. 25 ff. |